Leben auf unserem Planeten gibt es nur, weil es Wasser gibt und nach bisherigem Wissensstand ausschließlich bei uns in flüssiger Form. Auch jeder einzelne Mensch kann sein (Über)leben nur sichern, wenn er Trinkwasser zur Verfügung hat. Man kann tagelang hungern, aber man verdurstet sehr schnell.
Daher gibt es jedes Jahr im März den „Weltwassertag“ der UN, an dem auf Probleme derWasserversorgung hingewiesen wird und Wege zu ihrer Behebung thematisiert werden. (https://de.wikipedia.org/wiki/Weltwassertag) Da der Klimawandel und andere Nachhaltigkeitsprobleme die Gefahr mit sich bringen, dass die Wasserversorgung für immer mehr Menschen gefährdet ist und uns zu viel oder zu wenig Wasser zunehmend unsere Lebensgrundlagen zerstören, möchte ich genauer hinschauen.
In Deutschland drehen wir den Wasserhahn auf und heraus kommt sauberes Trinkwasser, mit dem wir sogar unsere Toiletten spülen und unsere Fäkalien entsorgen. „Sicheres Wasser“, also Wasser, das für die Menschen in der Nähe ihres Zuhauses zugänglich, bei Bedarf verfügbar und frei von Verunreinigungen ist, ist allerdings keineswegs weltweit verfügbar. Nur ca. 6 Milliarden Menschen haben sicheres Wasser zur Verfügung – ca. 2 Milliarden nicht. Es ist daher eines der wichtigsten Nachhaltigkeitsziele der UN, dass bis zum Jahr 2030 der „allgemeine und gerechte Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser für alle“ erreicht werden soll. Tatsächlich scheinen wir uns zurzeit allerdings eher von der Zielerreichung zu entfernen, als uns ihr zu nähern. Zudem nehmen zu viel und zu wenig Wasser – Flutkatastrophen und Dürre – deutlich zu.
Hier erst einmal die wichtigsten Fakten über Wasser: Wasser (H2O) ist eine chemische Verbindung aus den Elementen Sauerstoff und Wasserstoff. Wasser ist als Flüssigkeit durchsichtig, weitgehend farb-, geruch- und geschmacklos. Es kommt auch in fester Form als Eis und gasförmig als Wasserdampf vor. Die Erde ist zu 71% ihrer Fläche mit Wasser bedeckt, wobei Meere und Ozeane allerdings für die meisten Lebewesen nicht nutzbares Salzwasser führen. Damit sind 97% des weltweiten Wasservorrats Salzwasser. Nur etwa 2,5% sind Süßwasser, sogar nur 0,3% sind als Trinkwasser nutzbar. 1,7% des Wassers und damit mehr als die Hälfte des Süßwasservorrats ist als Eis in Gletschern, Polkappen und im Permafrost gebunden. Das Wasser der Flüsse und Binnenseen, der Atmosphäre, des Bodens und der Lebewesen ist mengenmäßig recht unbedeutend.
Der weltweite Wasservorrat wird mit 1,4 Mrd. Kubikkilometer beziffert, eine unvorstellbar große Menge, denn 1 Kubikkilometer sind 1 Billion Liter. Diese Menge bleibt konstant und wird im Kreis geführt. Der Wasserkreislauf umfasst die durch Sonneneinstrahlung verursachte Verdunstung aus Meeren, Flüssen und Seen, die Wolkenbildung durch Kondensation des Wasserdampfs, Niederschläge in Form von Regen und Schneefall und damit die Rückkehr in die Meere oder die Versickerung ins Grundwasser auf dem Festland sowie den Abfluss über Flüsse zurück ins Meer. An den Polkappen und in Gebirgen wird ein leider immer kleinerer Teil der Niederschläge als Eis gespeichert und als Schmelzwasser wieder in die Meere geführt. Im Normalfall verdunsten durch die Sonneneinstrahlung jährlich weltweit etwa 500.000 km3 Wasser, davon ca. 83% aus den Meeren. 40.000 km3 Niederschlagswasser fließen vom Festland zurück in die Meere. Dabei ist die Geschwindigkeit des Kreislaufs variabel und hängt u.a. von der Erdtemperatur ab.
Menschen haben sich das Wasser seit Anbeginn zunutze gemacht. Wir nutzen es nicht nur als Trink- und Brauchwasser, sondern auch als Energiequelle z.B. in Wassermühlen und Dampfturbinen, im Meer, in Flüssen und Kanälen als Verkehrsweg und z.B. in chemischen Prozessen, in der Medizin oder zur Kühlung. Vor allem aber wird Wasser in der landwirtschaftlichen Produktion gebraucht. Ein großer Teil der weltweiten Anbaufläche muss künstlich bewässert werden und auch Fleischproduktion und Aquakultur benötigen viel Wasser. Es ist daher die Landwirtschaft, die mit etwa 69% das meiste Wasser verbraucht, gefolgt von der Industrie mit 19% und Kommunen und Haushalten mit 12%. Im Gegensatz zu anderen Ressourcen, die durch Nutzung verbraucht und damit oft einer erneuten Nutzung entzogen werden, wird Wasser nur dem natürlichen Kreislauf entnommen und ihm danach zwangsläufig wieder zugeführt.
Was den unmittelbaren persönlichen Pro-Kopf-Verbrauch angeht, sind die Menschen in den Industrieländern führend. In Deutschland verbraucht eine Person pro Kopf und Tag allein zum Trinken, Waschen und Kochen etwa 125 l Wasser. Was den Gesamt-Wasserverbrauch angeht, liegen Länder mit hoher Bevölkerungszahl und großen landwirtschaftlichen Flächen vorn. Das sind zuvorderst Indien (19%), China(15%) und die USA(12%), die allein knapp die Hälfte der weltweiten Wasserentnahme vornehmen.
Allerdings täuschen diese Zahlen insofern, als sie nur die direkte Wasserentnahme abbilden. Denn z.B. Ackerbau und Viehzucht, aber auch die industrielle Produktion verbrauchen das Wasser ja nicht als Selbstzweck, sondern erzeugen damit Lebensmittel und andere Konsumgüter , die zu großen Teilen in den wohlhabenden Ländern der Welt konsumiert werden. Um also die Wassermenge zu ermitteln, die eine Person durch ihren Lebenswandel verursacht, muss die gesamte Wassermenge, die für den Konsum dieser Person benötigt wird, betrachtet werden. Dem direkten Verbrauch hinzuzurechnen ist daher das sog. virtuelle Wasser, um daraus den sog. Wasserfußabdruck zu bestimmen, der sich aus direkter Entnahme und virtueller Entnahme zusammensetzt. Um die Größenordnung einzuschätzen: Bei der Produktion eines T-Shirts liegt die Menge des virtuellen Wassers, die seinem Käufer zuzurechnen ist, bei 4.100 Litern. Der deutsche Wasserfußabdruck beträgt etwa das 10fache der direkten Wasserentnahme.
Die USA kommen auf einen jährlichen Wasserfußabdruck von gut 2.800 m³ oder täglich 7.800 Liter pro Kopf. In China liegt dieser Wert bei knapp 1.100 m³ oder täglich 2.900 Liter pro Kopf. Deutschland kommt auf einen jährlichen Wasserfußabdruck von rund 1.500 m³ oder rund 4.000 Litern pro Tag und Kopf, ein Wert, der zu knapp 70% außerhalb der eigenen Grenzen entsteht.
Ist das Wasser nun wirklich knapp und wird es durch die nicht nachhaltige Lebensweise in den Industrieländern noch knapper? Das ist tatsächlich vor allem ein Verteilungsproblem, weniger eine echte weltweite Knappheit.
Die Wasserknappheit einer Region misst sich am Verhältnis der jährlichen Frischwasserentnahme an den jährlich sich erneuernden Wasservorräten. In den allermeisten Staaten liegt die Frischwasserentnahme unterhalb der verfügbaren Wasserressourcen, in zehn Staaten jedoch darüber. Führend ist Kuwait, wo die Wasserressourcen bei 0,02 m³ liegen und die Frischwasserentnahme 0,415 km³ beträgt – das sind schlappe 2.075 %. Es folgen die Vereinigten Arabischen Emirate (1.867%), Saudi-Arabien (943%) und andere der Wüstenstaaten, die durch den Verkauf von Erdöl und Erdgas sich einen „westlichen“ Lebensstandard leisten. Diese Staaten nutzen die Aufbereitung von Salzwasser und decken einen teilweise sehr hohen Teil ihrer Wasserversorgung mit Grundwasser. Weltweit werden nach Angaben der UNESCO 21 der 37 größten Grundwasserleiter ernsthaft übernutzt. Hier könnte nur die Reduzierung der Wasserentnahme eine Regeneration der Bestände ermöglichen.
Dem aktuellen Weltwasserbericht der UN ist zu entnehmen, dass der globale Süßwasserverbrauch jährlich um etwa 1% steigt, zurückzuführen weniger auf das weltweite Bevölkerungswachstum als vielmehr auf geänderte Lebensgewohnheiten. Denn in Ländern, in denen die Bevölkerung am schnellsten wächst, ist der Pro-Kopf-Wasserverbrauch oft am niedrigsten, für viele dort lebende Menschen sogar nicht wirklich ausreichend. Erneut sind es die Ärmsten, die ausbaden müssen, was die Reichen verursachen. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung leidet derzeit zumindest saisonal unter schwerer Wasserknappheit.
Etwa 25% der Weltbevölkerung sind „extrem hohem“ Wasserstress ausgesetzt und verbrauchen mehr als 80 Prozent des ihnen zugänglichen jährlich erneuerbaren Süßwasservorrats. Wasserknappheit bedeutet hier, dass die Wasserressourcen, z.B. das Wasser aus Flüssen, in einer Region unter 1.000m³ pro Kopf fallen. Bei weniger als 500m³ pro Kopf und Jahr herrscht danach absolute Wasserknappheit. Mangelnder Zugang zu Wasser ist oft auch Grund für Migration. Die Zahl der Menschen, die innerhalb eines Landes aufgrund von Naturkatastrophen vertrieben werden, ist größer als von konfliktbedingten Vertreibungen. Ca. 10% der weltweiten Migration hängen mit Wassermangel zusammen.
Ein weiteres Problem ist die verbreitete Verunreinigung von Wasser. Die industrielle Landwirtschaft insbesondere in den entwickelten Ländern mit Einträgen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auf der einen Seite und unzureichende Abwasserreinigung in den armen Ländern führen dazu, dass besorgniserregende Verunreinigungen entstehen, z.B. durch Arzneimittel, Hormone und Industriechemikalien sowie Nanomaterialien. Meere werden durch Plastikabfälle verschmutzt. Hohe Konzentrationen von Antibiotika aus unzureichend behandelten häuslichen Abwässern, Viehhaltung und Aquakulturen lassen sich ebenfalls feststellen und beeinträchtigen die Zugänglichkeit sauberen Trinkwassers.
Auch der weltweite Hunger nach fossilen Rohstoffen beeinträchtigt die Verfügbarkeit von Wasservorräten z.B. durch deren Verschmutzung, aber auch durch die Privatisierung von Wasser. Ein Beispiel ist Chile. Gut 1 Million Menschen haben dort keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. In Teilen des Landes kommt es aufgrund des Klimawandels immer häufiger und länger zu Dürreperioden. Die Wasserreserven werden seit Jahrzehnten von Landwirtschaft und Industrie übernutzt. Das ist z.B. der Lithium- und Kupferbergbau, ein Wirtschaftssektor mit hohem Wasserbedarf und Wassergefährdungspotential. Weit mehr Süßwasser wird jedoch von der Landwirtschaft genutzt, in Chile vor allem für den Anbau von Avocados. Die Produktion einer Frucht benötigt etwa 70 Liter Wasser. Sowohl Lithium und Kupfer als auch Avocados werden allerdings überwiegend nicht in Chile, sondern in der sog. ersten Welt verbraucht. Auch bei uns erlauben Behörden privaten Unternehmen die extensive Gewinnung von Grundwasser und lassen damit zu, dass die öffentliche Nutzung von Kommunen und Privaten in Gefahr gerät. Dabei ist deutsches Leitungswasser das am meisten kontrollierte Lebensmittel schlechthin und zudem ein Vielfaches preiswerter als Flaschenwasser, wo auch immer es herkommt.
Hier wäre nachhaltige Wasserwirtschaft das Gebot der Stunde. Nachhaltiges Wassermanagement wie nachhaltiges Handeln generell heißt Nutzungssysteme zu entwickeln, die den gegenwärtigen Wasserbedarf decken, ohne den Wasserbedarf künftiger Generationen zu gefährden. Dazu müssen sowohl übernutzende Verbräuche reduziert als auch Verschmutzungen beseitigt oder besser ganz vermieden werden. Die Zugänglichkeit von Trinkwasser sowie die Installation von Reinigungsanlagen müssen weltweit auf ein Niveau gehoben werden, das dem Verständnis des Zugangs zu sauberem Wasser als einem Menschenrecht entspricht. Klar sein muss in diesem Zusammenhang, dass damit nicht nur die direkte Wassernutzung zu verbessern ist, sondern auch das Ausmaß der indirekten Wassernutzung erheblich verringert werden muss. Die Gefährdung der Wasservorräte durch Landwirtschaft und Ressourcenabbau, auch und gerade in den Ländern des globalen Südens, müssen verringert werden. Auch wir sind gefragt: Wer im industriellen Heimatland umweltschädliche und damit in der Regel wasserschädliche Produktion abschafft, diese in Länder mit geringeren Standards verlagert und dann auch noch niedrige Preise durchzusetzen versucht, fördert Nicht-Nachhaltigkeit, um selbst „sauberer“ zu werden, das genaue Gegenteil von dem was er zu tun vorgibt.
Hier kommt unmittelbar der Klimawandel ins Spiel. Durch temperaturbedingte höhere Verdunstungen beschleunigt sich der Wasserkreislauf und führt sowohl zu heftigeren Niederschlägen als auch zu langanhaltenden Dürreperioden. In besonderem Maße bekommen dies die am wenigsten entwickelten Länder, kleine Inseln und die Arktis zu spüren. Aber auch in den Industrieländern nehmen Extremwettereignisse zu und bedrohen das Leben der Menschen. Immer wieder kommt es zu Dürren mit schweren Bränden und zu Überflutungen, die oft viele Menschenleben fordern.
Wassermanagement und Klimaschutz können und müssen in erster Linie durch nationale und internationale Politik und durch die Umstellung von Geschäftsmodellen betrieben werden. Bürgerinnen und Bürger haben wieder einmal nur begrenzten Einfluss. In Demokratien können sie immerhin ihre Wahlentscheidungen zugunsten nachhaltigkeitsaktiver politischer Parteien treffen, wenn es denn überhaupt solche Kräfte gibt.
Im Lebensalltag des Einzelnen gibt es zwei Optionen: Die Verringerung des Verbrauchs von Lebensmitteln mit hohem Wasserfußabdruck, also z.B. von Kaffee, Kakao, Ölsaaten und Baumwolle, aber auch Fleisch und Kuhmilch. Ein Beispiel: In Usbekistan werden jedes Jahr 14,6 km³ Wasser für den Baumwollanbau genutzt. Dadurch gelangt kaum noch Wasser in den Aralsee. Er schrumpfte in den letzten 40 Jahren um etwa 85% und ist damit weithin lebensfeindliche Salzwüste. Die europäischen Käufer der Baumwolle sind damit rein rechnerisch zu ca. 20% für die Austrocknung des Aralsees verantwortlich. Hier wäre die Nutzung von Bambus als Baumwoll-Substitut angebracht, auch wenn der konventionelle Plantagenanbau von Bambus ebenfalls nicht frei von Umweltproblemen ist.
Da Deutschland ein Land ist, dessen landwirtschaftliche Flächen oft ohne künstliche Bewässerung genutzt werden können (sog. grünes Wasser), ist der Verbrauch heimischer Lebensmittel erheblich wassersparender als von vielen importierten Produkten. Hiesige Kartoffeln benötigen nur etwa ein Viertel der Wassermenge wie Kartoffeln aus Ägypten. Das gilt auch für viele andere Gemüse- und Obstsorten. Und wenn es denn Fleisch sein soll: Auch das Fleisch hiesiger Rinder, die auf nicht bewässerten Wiesen grasen können, ist erheblich wasserschonender als z.B. argentinisches oder US-amerikanisches, wo die Rinder in riesigen Farmen mit bewässerungsintensiven Futtermitteln gemästet werden, die oftmals grundwasserschädigend angebaut werden (sog. blaues Wasser).
Die zweite Option ist, faire Preise zu zahlen und umweltfreundliche Alternativen sowohl für Industriegüter als auch für Lebensmittel bewusst zu suchen. Umwelt- und wasserschädliche Produktion kann nur vermieden werden, wenn die Produzenten bewusst darauf achten und die Konsumenten die höheren Preise dafür auch bezahlen. Es gibt allerdings viel zu wenig zugängliche Informationen über die Menge des virtuellen Wassers, die für bestimmte Produkte benötigt wird. Man kann ja nicht erst einmal bei Wikipedia nachschlagen, wenn man seinen täglichen Einkauf besorgt. Tatsächlich aber gibt es zahlreiche Hersteller z.B. von technischen Geräten oder von Textilien, die explizit kommunizieren, dass ihre Produkte unter ausdrücklicher Beachtung einer möglichst geringen Umwelt- und Wasserschädlichkeit hergestellt werden. Hier kann und muss man vertrauen, dass diese Aussagen seriös sind, was leider angesichts der Allgegenwart der Nachhaltigkeitsbehauptungen nicht immer leicht fällt. So gilt wieder einmal: Wenn wir unser Wasser schützen, den Wasserkreislauf verlangsamen und Schädigung von ihm abwenden wollen, müssen alle ran: Politik, Wirtschaft und Bürger*Innen. Ein paar Wasserschutz-Freaks werden die Welt nicht retten.