Muss das wirklich auch noch sein?

 

  Wer dieser Tage durch unsere Städte fährt, kann auf großen Plakatwänden dieses und ähnliche Plakate sehen, die die politischen Pläne der GRÜNEN „charakterisieren“ sollen. Die grüne Partei, in den Umfragen derzeit vor der SPD und knapp hinter der CDU/CSU platziert, wird mit Vokabeln angegangen, die aus dem Arsenal des kalten Krieges stammen könnten. So etwas kennt man bisher nur aus US-Wahlkämpfen á la Trump. Muss das jetzt bei uns auch noch sein?

 

 

 

  Die Millionen Wahlplakate, die derzeit unsere Laternenpfähle schmücken, sind Zumutung genug. Ob die Parteien wirklich meinen, mit schmeichelhaften Porträts ihrer Kandidatinnen und überwiegend stumpfsinnigen Parolen Wähler gewinnen zu können? 2017 lagen die Gesamtkosten der Bundestagswahlwerbung aller sechs im Bundestag vertretenen Parteien bereits über 60 Mio. €, 2021 dürften sie jedenfalls nicht darunter liegen. Hinzu kommt nun eine Plakat-Kampagne, die keine offizielle Wahlwerbung ist und von der sich alle Parteien zumindest förmlich distanzieren: #GrünerMist, auf Plakatwänden der Werbefirma Ströer platziert und durch einen Internet-Auftritt begleitet. Verantwortlich zeichnet eine Hamburger Agentur „Conservare Communication GmbH“ mit ihrem Geschäftsführer David Bendels, ehemaliges NRW-CDU-„Nachwuchstalent“, kurzzeitig CSU-Politiker, heute AfD-Sympathisant und Chefredakteur des rechten Onlinemagazins "Deutschland-Kurier".  Woher die nicht geringen finanziellen Mittel stammen, mit der das Ganze finanziert wird, ist nicht bekannt.

  In den USA ist ein derart diffamierender Wahlkampf leider bereits gang und gäbe, vor allem auf Seiten der Trump-Republikaner. Mit #GrünerMist scheint dieser Stil nun auch bei uns Einzug zu halten, wenn auch bisher nicht direkt von den Parteien. Das ist besorgniserregend, zumal die Kampagne in Kerben haut, die auch von gemäßigten konservativen Kräften bedient werden. So warnte der BDI jüngst vor grüner Planwirtschaft und die Initiative Neue Marktwirtschaft unterstellte den GRÜNEN im Einklang mit FDP und AFD die Absicht, einen Verbotsstaat zu errichten und die Marktwirtschaft auszuhebeln.

  Ist es wirklich „Klimasozialismus“, wenn die Politik dem Markt Entwicklungsziele und Leitplanken vorgibt oder wenn Gesetzesvorhaben auf ihre Nachhaltigkeitswirkungen überprüft werden, bevor sie in Geltung kommen? Kann es „Ökoterror“ genannt werden, wenn die Politik den Ernst der Lage benennt und die Menschen zu nachhaltigkeitskonformem Verhalten zu bewegen versucht, wozu auch Verzichts- und Vermeidungsbotschaften gehören? Ist der Vorschlag, ein Klimaschutzministerium einzurichten, dem ein Vetorecht gegenüber Gesetzen eingeräumt wird, die nicht im Einklang mit dem 1,5 Grad Ziel der Pariser Klimakonferenz stehen, Ausdruck von „Ökodiktatur“?  Nein, das ist unterste Schublade. Es ist das Niveau von PEGIDA und „Querdenkern“, die auch Vokabeln wie „Merkel- und Corona-Diktatur“ verwenden und Verschwörungsmythen verbreiten. Soll man sich wirklich auf dieses Niveau begeben?

  In einem kürzlich eingestellten Blogbeitrag habe ich nachgezeichnet, dass die Wahlprogramme der Parteien, auch das der GRÜNEN, die Klima- und sonstigen Nachhaltigkeitsprobleme viel zu zaghaft angehen und nicht den Mut zu unbequemen Wahrheiten aufbringen.  Also hoffe ich auch an dieser Stelle, dass in Bezug auf #GrünerMist mündige Bürgerinnen und Bürger die richtigen Schlüsse ziehen und damit die Wirkung der Hetzkampagne gegenüber fortschrittlichen politischen Ansätzen zu deren Gunsten umdrehen und vor allem nach der Wahl die dann Verantwortlichen druckvoll zu einer konsequenten Nachhaltigkeitspolitik bewegen, damit schnell und sachgerecht eine konsequente Nachhaltigkeitspolitik Platz greift.