Der politisch verordnete Lockdown wegen Corona hat die nicht nur die Industrie zum Stillstand gebracht, aber sie auch. Das führt dazu, dass viele Unternehmen und Branchen, die in der letzten Dekade prächtig verdient haben, nun nach Staatsknete rufen. So verlangt z.B. die Autoindustrie eine Corona-Kaufprämie auch für Verbrenner, nachdem es für Elektroautos bereits eine solche gibt. Noch ziert sich die Politik, aber vermutlich wird sie wieder mal einknicken. Der berechtigte Aufschrei lässt nicht auf sich warten. Wenn schon, dann sollte doch bitte der Kauf von umweltfreundlichen Autos mit Steuergeld gefördert werden. Da ist sie wieder, die These, dass E-Autos ökologisch sinnvoll sind und deshalb die notwendige Verkehrswende nur mit ihnen zuwege gebracht werden kann. Ich habe da so meine Zweifel, die ich schon vor Längerem zu Papier gebracht habe:
Oh wie grün ist unsere Autoindustrie! Die Unternehmen übertreffen sich mit Ankündigungen, wie viele neue E-Autos sie auf den Markt bringen wollen. Und die Bundesregierung gibt ihrerseits bekannt, dass sie möglichst viele E-Autos auf den deutschen Straßen sehen will, und fördert deren Absatz mit satten „Umwelt“prämien. Käufer finden sich vorläufig trotzdem eher wenige. Die Leute wollen keine teuren Autos mit geringer Reichweite. Und ein ausreichend enges Ladenetz ist auch nicht absehbar. Sind wir Bürger also die Ökomuffel, die mal wieder nicht annehmen, was uns Politik und Wirtschaft an „grünen“ Angeboten nahebringen? Oder sind wir vielleicht klüger als die Vorbeter, die uns E-Autos aufdrängen wollen?
Auf den ersten Blick sind E-Autos toll. Sie haben keinen Auspuff und verpesten nicht die Lust in unseren Städten. Und sie sind leise, reduzieren also die Lärmbelastung an den Straßen. Aber sonst? Woher kommt der Strom, den sie verbrauchen? Er kommt auch in Deutschland noch zu 60-70% aus fossilen und Atomkraftwerken. Der Schornstein eines Kraftwerks ist also tatsächlich der Auspuff eines E-Autos. Das gilt umso mehr in Ländern, die nicht wie Deutschland einen relevanten Teil ihrer Stromproduktion aus regenerativen Quellen speisen. Von der eingesetzten Primärenergie geht zudem ein erheblicher Teil als Übertragungsverlust drauf, bis der Strom an der Ladestation ankommt. Solange wir also nicht den Strom für unser E-Auto selbst auf dem Dach unseres Wohnhauses oder zumindest nahe an der Ladestation selbst produzieren, ist es schon von daher Augenwischerei zu behaupten, das E-Auto sei ein Öko-Auto.
Aber es kommt noch schlimmer. Der Umweltverbrauch für die Herstellung eines E-Autos ist deutlich höher als der für einen Verbrenner. Das liegt vor allem an den Motoren und den Batterien, die ja die primären Unterschiede zwischen den beiden Antriebsvarianten darstellen. E-Motoren benötigen z.B. die sog. seltenen Erden, die heute zumeist in China unter Inkaufnahme schlimmer Umweltschäden gewonnen werden. Das Gleiche gilt für die Batterien. Hier ist es das Lithium, das vor allem in Lateinamerika ohne jede Beachtung der negativen ökologischen Folgen gewonnen wird. Eine dieser Folgen ist die Zerstörung der Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerung, die von der Landwirtschaft lebt und deren Wasserquellen durch die Lithiumgewinnung zum Versiegen kommen. Die Gewinnung wesentlicher Rohstoffe des E-Autos ruft also in anderen Teilen der Welt erhebliche Umweltschäden hervor. Öko-Auto?
Zudem würde der verstärkte Kauf von E-Autos dazu führen, dass viele jetzt genutzte und durchaus noch mindestens 10 Jahre gut nutzbare Verbrenner ersetzt würden. Gäbe es dafür in Deutschland genügend Käufer, dann würden sie ja weiterhin neben den E-Autos gefahren. Und wenn wir sie nur im Ausland verkaufen könnten, dann würden wir wieder einmal Abfall, den wir selbst nicht entsorgen wollen, in die Welt exportieren. So wie z.B. die gelben Säcke und den Elektroschrott. Ökologisch sinnvoll und nachhaltig?
Um die Reichweite der E-Autos zu erhöhen, werden immer größere Batterien verbaut, die das Gewicht der Fahrzeuge signifikant erhöhen und so nicht nur den Lithiumbedarf vervielfachen sondern auch den Stromverbrauch bei der Nutzung erhöhen. Trotzdem entwickelt die Industrie vor allem große und schwere E-Autos, die wie ihre Verbrennerbrüder und –schwestern alles andere als umweltfreundlich sind. Wenn es um die Entgiftung der Städte geht, brauchen wir kleine leichte E-Autos, keine SUVs! Aber die Unternehmen fürchten, dass sie kleine E-Autos, deren Batterien von den Nutzern zuhause leicht aufgeladen werden könnten, nicht loswerden. Es geht also offenbar gar nicht um Öko, sondern vor allem um verkaufen. Allein das junge Aachener Unternehmen e.Go hat ein E-Auto auf dem Markt, das nur für die Stadt entwickelt wurde und daher klein und leicht ist (https://www.e-go-mobile.com). Kostet immerhin auch knapp 16.000 €, ist aber wenigstens mit dem Öko-Gedanken gebaut worden und bewältigt von der Reichweite die üblichen Berufs- und Einkaufswege allemal.
Nun stellen wir uns aber mal vor, das Auto würde in Großserie um die Hälfte billiger und daher für viele erschwinglich, die es sich dann als Zweitauto kaufen würden, weil es für die lange Strecke nicht geeignet ist. Ist das dann die ökologische Verkehrswende mit der doppelten Anzahl von Autos? Oder nicht vielmehr der wirkliche Verkehrsinfarkt? Denn die Verbrenner würden ja immer noch für die Urlaubsreisen gebraucht, auch wenn man sie vielleicht in die Städte nicht mehr reinließe. Oder fliegen wir dann nur noch in den Urlaub oder gehen auf Kreuzfahrt?
Also lassen wir uns nichts vormachen: E-Autos sind allenfalls unter ganz engen Randbedingungen ein Beitrag zu einer nachhaltigen Verkehrswende. Weniger Privatautos, mehr Busse und Bahnen, mehr Fahrräder und Fußgänger sind notwendig, da beißt die Maus keinen Faden ab.